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23. April 1896 ‒ Anselm Schott in Maria Laach verstorben

23. April 2021 / Neuigkeiten

Es ist ein Zeitzeichen der besonderen Art: Vor 125 Jahren ist Anselm Schott in Maria Laach verstorben. Sein Name besitzt im katholischen Raum einen großen Klang, ist seit 1928 ein geschütztes Warenzeichen, gilt als Inbegriff für Teilnehmen- und Verstehenwollen der Liturgie und steht vor allem für ein Buch: den Schott.

Foto: Archiv Benediktinerabtei

Der Mann hinter der Institution „Schott“

August Schott, Sproß aus einer konfessionsverbindenden Ehe, wurde am 5. September 1843 im württembergischen Staufeneck bei Salach im Filstal geboren. Er besuchte das Gymnasium in Darmstadt, machte sein Abitur aber in Ehingen an der Donau. Nach dem Theologiestudium in Tübingen und München wurde er im August 1867 in Rottenburg zum Priester geweiht, blieb jedoch nicht in der Pfarrseelsorge, sondern trat 1868 in Beuron ein. Die Liste der Einsatzorte des Mönchs ist lang. Von Beuron ging es nach Arnstein und wieder zurück nach Beuron, dann nach Bad Mergentheim und nach Maredsous (1876‒1881), weiter in die Abtei Emaus in Prag (1881‒1883) und nach acht Jahren in Seckau wieder zurück in seine Heimatabtei (1891‒1892). Schließlich gehörte er zur Gruppe der Beuroner Mönche, die im November 1892 unter Leitung von Prior Willibrord Benzler Maria Laach wiederbesiedelten.
Während seiner Zeit in Seckau erschien 1884 in Freiburg im Breisgau bei Herder in erster Auflage Das Meßbuch der hl. Kirche, lateinisch und deutsch mit liturgischen Erklärungen für die Laien bearbeitet. Schott wollte mit seinem Messbuch „ein Weniges dazu beitragen, dass der reiche Gebetsschatz der Kirche, welcher in ihrer heiligen Liturgie niedergelegt ist, immer mehr den Gläubigen zugänglich und vertraut werde“ (aus der Vorbemerkung). Das Buch machte den Benediktiner in unserem Sprachraum zu einem Vorläufer der modernen Liturgischen Bewegung.

Den Weg zur Mitfeier der Messe in der Muttersprache gebahnt

Zwei Aufgaben, die er während seines fünfjährigen Aufenthalts im belgischen Maredsous übernommen hatte, dürften das Projekt eines Volksgebetbuchs für die Messe befördert haben. Zum einen versah Pater Anselm in der dortigen, zur Beuroner Kongregation gehörenden Benediktinerabtei das Amt eines Instructors und war somit zuständig für die Laienbrüder. Diese galten damals nicht als Mönche und standen, wie andere Laien „in der Welt“, der in Latein gefeierten Klerusliturgie weithin fremd und unbeteiligt gegenüber. Außerdem wirkte er „als helfender Redakteur bei der Drucklegung der liturgischen Bücher in der bekannten Druckerei der Familie Desclée“ (A. Häußling) mit. In deren Verlag gab 1882 Gérard van Caloen, Mönch von Maredsous, sein französisches Missel des fidèles, ein Messbuch für die Gläubigen, heraus.
Schott schuf nun ein entsprechendes, aber handlicheres Buch: „ein Messbuch für die gewöhnlichen frommen Messbesucher“, das als Gebetbuch zu nutzen und durch die heilige Messe, das liturgische Jahr und einzelne Messtexte erklärende Beigaben angereichert war. Er ging ohne Vorbehalte ans Werk und pflegte keine Schwäche für klerikale Selbstbestätigung und „Geheimniskrämereien“ im Gebrauch der lateinischen Sprache. Das dokumentierte die vollständige Übersetzung des Römischen Messkanon (heute: Erstes Hochgebet). Solchem Freimut stand damals allerdings „kirchliche Anschauung“ entgegen, so dass die zweite Auflage des Messbuchs nur noch mit einer Umschreibung des „Canon romanus“ auskommen musste. Dass Schott dieses zentrale Gebet der Eucharistiefeier tatsächlich keinem vorenthalten wollte, zeigt eine Episode aus dem Jahr 1875. Während seines längeren Kuraufenthalts in Bad Mergentheim begegneten sich der Beuroner Priestermönch und der junge Jacques Stützle. Der Drittklässler durfte Pater Anselm bei der Messe ministrieren und ihn auf Spaziergängen begleiten. Schott revanchierte sich mit Nachhilfe in Latein und übersetzte mit Stützle „den Kanon der heiligen Messe …, eine reichlich schwere Sache für den Schüler, der hier aber zum ersten Male mit der Welt der Liturgie in Berührung kam.“ Der Schüler von damals wurde später der Laacher Mönch Ignatius. Die Stützles Totenchronik entnommene Geschichte ist zweifach interessant: Für Pater Anselm gab es offensichtlich keinen Grund, warum nicht auch ein Kind den „heiligen Text“ des Messkanons kennen sollte. Außerdem lässt sich hier beobachten, dass Schott schon längst vor dem Kontakt mit dem französischen Volksmessbuch von Caloen Messtexte ins Deutsche übersetzte!
Schotts Messbuch erschien fortan fast jährlich, periodisch modernisiert, in vielen Auflagen. Die Laacher Bibliothek darf eine ziemlich vollständige Sammlung ihr Eigen nennen. Von Pius XI. bis zu Paul VI. haben die Päpste die Reihe empfohlen, und obwohl es nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil kein für die Laien bearbeitetes Messbuch mehr braucht, bewähren sich die unter dem Namen „Schott“ publizierten Bücher bis heute. Sie helfen vor allem im Vorfeld des Gottesdienstes bei der privaten Vorbereitung auf die Messfeier auch durch einführende Texte und Meditationen, voll und bewusst an der Liturgie teilzunehmen. In den Zeiten der Corona-Pandemie bietet sich die Reihe auf ihre Weise als ein besonderes liturgisches Gebets- und Andachtsbuch an, das einen gedanklich in die Nähe der ‒ schmerzlich vermissten ‒ Gemeindefeier führen kann. Die vierte Auflage des Messbuches unterzeichnete Schott im „Kloster Laach bei Andernach (Rheinland)“ am Schutzengelfest 1894.

P. Anselm Schott in Maria Laach

Schotts Laacher Jahre scheinen ruhig verlaufen zu sein. In der theologischen Ordensschule, die in Maria Laach schon wenige Tage nach der Wiederbesiedlung im November 1892 den Studienbetrieb aufnahm, dozierte P. Anselm Schott vor einem überschaubaren Kreis von 11 Hörern nicht etwa „Liturgik“ – das Fach gab es noch nicht – sondern Moraltheologie. Am 15. Dezember 1893 wählte ihn der Konvent in den Rat des Abtes. Außerdem versah er noch das Amt eines Depositarius. „Er übernahm damit, für uns heute verständlicher ausgedrückt, den »Klosterladen«, in dem die Mitbrüder ihren Bedarf an täglichen Gebrauchsartikeln in den Bereichen der Toilette, Hygiene, an Papier und Schreibgerät decken können. In beiden Verpflichtungen begegnet uns P. Anselm noch 1894 und 1895“ (E. von Severus). Von seinen „großen Erfahrungen auf dem Gebiet der Fischzucht“ weiß die lokale Presse zu berichten: So hielt er auf der ersten Generalversammlung des Fischzuchtvereins im Kreise Mayen in Kruft einen Vortrag über die Teichwirtschaft und Salmonidenzucht. Auch in den Folgejahren 1894 und 1895 profitierte der Verein vom Sonderwissen des fischkundigen „Menschenfischers“. Vom spannendsten Ereignis der nur dreieinhalb Jahre, die der Pater im Kloster am See verbrachte, berichtet die Laacher Chronik nichts. Es blieb nämlich nicht beim Messbuch. 1893 erschien das von Schott für Laien bearbeitete Vesperbuch, durch das sich den Gläubigen auch der Zugang zur sonntäglichen Vesper erschloss. Das Vorwort des Buches sprach – für unseren Sprachraum vielleicht zum ersten Mal – von der „Liturgischen Bewegung“. Ihr hat der Priestermönch einen unschätzbaren Dienst erwiesen.

Im Februar 1896 schwächten – aus der Sicht des Chronisten – eine „Influenza“ und ein „schmerzliches Leberleiden“ Pater Anselm so sehr, dass er seine Mönchszelle nur noch unter Aufbieten aller Kräfte zur Zelebration der Messe in der Abteikirche verlassen konnte. Schwere Magenblutungen in der Nacht vom 8. zum 9. April offenbarten ein wohl schon längeres Krebsleiden. Es folgten qualvolle, durch kein Schmerzmittel gelinderte Tage. Die Glückwunschschreiben zum Namenstag am 21. April, dem Gedenktag Anselms von Canterbury, öffnete er nicht mehr. Am 23. April starb er als erster aus dem Konvent des neuen Maria Laach. Er wurde in der Gruft der St. Josefskapelle – wie die Jesuiten die Nikolauskapelle nannten ‒ unter Jesuiten beigesetzt. Nachdem Abt Ildefons Herwegen 1926 „St. Nikolaus“ restaurieren und die „Krypta“ schließen ließ, erinnerte nur noch eine dort im romanischen Turm angebrachte Gedenktafel an Schott. Hundert Jahre nach Erscheinen der 1. Auflage seines Messbuchs legte man den Eingang zur Grablege wieder frei. Wenige Stufen führen hinab und man steht vor dem Wandgrab, das seine leiblichen Überreste birgt. Dort ruht er – mit den Schlussworten der Laacher Totenchronik ‒ „der Auferstehung entgegenharrend“, während sein Name fortlebt im frohen Gedenken aller, die als Getaufte sich in den christlichen Glauben und seine Feier einüben.

Stefan K. Langenbahn


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