Rückschau

Eine reformatorische Stimme im Laacher Forum

13. Februar 2017 / Rückschau

Heiner Geißler: Eine reformatorische Stimme im Laacher Forum

„Was müsste Luther heute sagen?“, so das Thema von Dr. Heiner Geißler. Der mit 86 Jahren immer noch streitbare ehemalige CDU-Generalsekretär, Jesuitenschüler und Katholik provozierte und begeisterte im Laacher Forum; ein sehr persönlicher, subjektiver Blick auf den Reformator Martin Luther und auf die Kirchen.

Mit 19 Jahren trat Heiner Geißler in den Jesuitenorden ein, dem er nach drei Jahren Noviziat die drei Gelübde Armut, Keuschheit und Gehorsam versprechen sollte. „Zwei von den Gelübden konnte ich nicht halten. Und es war nicht die Armut.“ In diesem Sinne sprach sich der Referent für die Abschaffung des Zölibats aus. Dieser Forderung stehe allerdings die Kurie entgegen, für Geißler der „Erzfeind der Katholischen Kirche“. Luther, so der Referent, sei in dieser Frage fortschrittlicher gewesen als die heutige Katholische Kirche. Doch Luther litt unter starker „Sündenangst“, bis zu seiner „Erleuchtung“, dass „Jesus doch der liebende, barmherzige Gott“ ist. „Die Rettung aus der Sünde fand er in Christus. Luther erkannte im gekreuzigten Jesus den gnädigen, gütigen Gott.“ Für Luther akzeptiert Gott keine frommen Leistungen, sondern nur den Glauben, „sola fides“. Luther habe Christus in den Vordergrund gerückt und die Vermittlung durch die Kurie oder durch Maria abgelehnt.

Geißler widersprach dem Reformator in einem Punkt und kritisierte die Erbsündenlehre, nach der unser menschlicher Wille zum Bösen geneigt und nicht mehr frei sei. Für Geißler muss diese Lehre „im nächsten Jahr von beiden Kirchen beerdigt werden“, da diese den Menschen entmündige und nicht dem Bild vom modernen, freien Menschen entspreche, ein Menschen- und Gottesbild, das dem heutigen, modernen Menschen nicht mehr zu vermitteln sei. Ohne Erbsünde freilich, so wird man einwenden dürfen, würde nicht der Mensch, sondern der doch gute Gott zum Auslöser aller bösen Dinge.

Theologisch stark dagegen Geißlers Antwort auf die Frage: „Wo war Gott beispielsweise in Auschwitz? Das Christentum hat eigentlich eine schöne Antwort: So sehr liebt Gott Mensch und Welt, dass er sich selbst in Gestalt seines Sohnes Mensch werden ließ und alle Qualen genauso erlebt hat. Gott hat sich solidarisch erwiesen mit all den anderen.“

Zur Frage nach Gott meinte der Referent: „Ob Gott existiert, das können wir nicht wissen. Aber wir können es glauben. Man darf den Menschen diesen Glauben nicht nehmen. Wir würden die Menschheit ins Unglück stürzen.“ Damit aber hat der Glaube eine in erster Linie humanistische und soziale Funktion. Heiner Geißler nennt Christus einen „großen Menschen“. Aber reicht das? Ebenso löst er die Frage nach dem gemeinsamen Abendmahl ohne die Frage nach den theologischen Unterschieden zu stellen, dafür aber mit einem emotionalen Appell: „Wenn alle Christen ein und dieselbe Taufe haben, müssen sie auch dasselbe Abendmahl miteinander feiern.“ Schade, dass der Referent nach seinem Vortrag keinen Raum zur Diskussion ließ. So bleibt die Frage offen, inwieweit eine nach seinen Ideen reformierte Katholische Kirche sich noch römisch-katholisch nennen könnte bzw. eine in seinem Sinne reformierte Evangelische Kirche noch lutherisch wäre?
Heiner Geißler sprach mit der Autorität Martin Luthers; auch stellt er eine Verbindung zwischen dem Reformator und Papst Franziskus her. Geißler möchte die Kirchenspaltung überwinden. Sein Wunsch, die Begegnung mit Christus prinzipiell ins Zentrum des Glaubens zu rücken, entspricht sowohl Martin Luther als auch Papst Franziskus und dem Willen beider Kirchen.


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