Rückschau

Entwicklung großer Marienlieder in Text und Musik nachgespürt

19. August 2015 / Rückschau

Gleich zwei Bücher stellte das Laacher Forum extra vor, zu dem Prior-Administrator Pater Dr. Albert Sieger OSB die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer im Rahmen der Laacher Festwoche herzlich begrüßte.

Professor Dr. Dr. Holger Zaborowski präsentierte die Neuerscheinung: „Helden und Legenden. Oder: Ob sie uns heute noch etwas zu sagen haben“, den Begleitband zum diesjährigen Kultursommer Rheinland Pfalz 2015, zu dem auch dieser Abend zählte. Der „Helden“-Begriff scheint antiquiert, obwohl Helden doch zu modernen Filmen und Romanen gehören. Auch hat jeder seine Helden und Vorbilder. 30 Autoren – unter ihnen Alfred Denker, Joachim Hofmann-Göttig, Markus Lüpertz, Brigitte Seebacher, Marie-Luise Reis, Holger Zaborowski oder Theo Zwanziger – nehmen im Buch die Heldenspur auf.

Im Anschluss begaben sich die beiden Buchautoren, Professor Dr. Hermann Kurzke und Dr. Christiane Schäfer, auf eine Heldenspur, als sie im Vortrag „Mythos Maria – Berühmte Marienlieder und ihre Geschichte“ dem Leben Mariens nachspürten. Da ist auf der einen Seite das Leben der Gottesmutter, auf der anderen Seite das Bild von der Frau mit Zepter, Krone und Schutzmantel, die der Schlange den Kopf zertritt – ein Gegensatz von historischem Leben und der Symbolsprache in Kunst und Musik. Diesem „Mythos“ auf den Grund gehend zeigten die beiden Referenten die Geschichte der Marienverehrung – ausgehend vom 2./3. Jahrhundert bis hin zum Dogma der Aufnahme Mariens in den Himmel durch Papst Pius XII im Jahr 1950. Im Kontext dieser Verehrung stehen auch die Marienlieder, die über Jahrhunderte das Marienbild mit geprägt haben.

Am Beispiel von fünf überlieferten und auch heute viel gesungenen Marienliedern überraschten die beiden Referenten. So ordnete Professor Kurzke das Lied „Maria durch ein Dornwald ging“ nicht dem 16. Jahrhundert zu: „Es scheint eher ein Lied der Romantik zu sein.“ Dann beschrieb der Professor em. für Neuere deutsche Literaturgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz den spannenden Weg des Liedes „Ave Maria zart“ aus dem 17. Jahrhundert, das im Zuge der Aufklärung verschwand, von der Romantik wiederentdeckt wurde und schließlich im späten 19. Jahrhundert erneut in die Gesangbücher fand. Der die Heilsgeschichte umfassende Inhalt verschwand, so Dr. Christiane Schäfer, etwa „Evae Apfel-Biß“ durch den „Gott uns verstoßen ließ“. Die wissenschaftliche Mitar­beiterin am Gesangbucharchiv der Johannes Gutenberg-Universität Mainz verdeutlichte, wie durch den Wegfall der Strophe von Jesu Er­lösertod die letzte Strophe von Maria und dem Kind eine andere theologische Deutung erfährt.

Zwischen den wissenschaftlichen Ausführungen war es immer wieder ein Genuss, auch akustisch die Entstehung der Melodien und Interpretationen in einzelnen Epochen von Sängerin Maria Jonas, Köln, und Flötist Dominik Schneider, Essen, nachvollziehen zu können. Beeindruckend auch die Instrumente, von der mittelalterlichen Flöte und der aus Engelsdarstellung bekannten Handorgel bis hin zur Quinterne, einer vier- bis fünfchörigen Gitarre aus dem 17. Jahrhundert. Ein besonderes Erlebnis war das Lied „Maria breit den Mantel aus“, dessen Ursprung auf den 30-jährigen Krieg zurückgeht und von den beiden Dozenten der Folkwang Universität der Künste Essen nach über 300 Jahren wieder in der tänzerischen Urfassung auf die Melodie „Ist das der Leib, Herr Jesu Christ“ in Maria Laach dargeboten wurde.

Texte und Melodien der Lieder veränderten sich im Wandel der Zeit, so auch bei den Bischofskonferenzen in den Jahren 1916, 1947, 1975 und 2013, die jeweils andere, lokale Fassungen als „Einheitslieder“ einführten. Für die Referenten sind alte Marienlieder auch heute unverzichtbar. Professor Dr. Hermann Kurzke: „Obgleich es bei neueren Dichtungen eine klare Tendenz gibt, Maria ihrer großen mythischen Attribute zu entkleiden, sie metaphorisch zu demokratisieren und sie als einen Menschen unter vielen zu betrachten – als Schwester Maria, als Frau aus dem Volke, als Mädchen aus Israel, als eine, die Gottes Ruf gehorcht -, bleiben die alten Lieder und Bilder daneben doch wirksam. So wenig die prächtigen alten Marienstatuen aus den Kirchen entfernt werden, auch wenn der Glaube, der sie erzeugte, verblasst ist, so wenig müssen die alten Lieder, deren Texte den heutigen Anschauungen nicht mehr entsprechen, aus den Büchern entfernt werden.“

Eine gelungene, wissenschaftlich anspruchsvolle Konzertlesung, mit der die Buch- und Kunsthandlung Maria Laach Einblicke in das intime Zimmer der abendländischen Seele gewährte.

Bericht: E.T. Müller, Medienbüro Burgbrohl


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