Aus Kloster & Konvent

Meine Laacher Zeit von 1939 - 1944 (Teil 3)

31. März 2023 / Aus Kloster & Konvent

Erinnerungen von Karl Hans Heuft

Nach meinem von einem Jahr auf ein halbes Jahr verkürzten Dienst in der Laacher Ökonomie und einem weitern halben Jahr als Lehrling in der Laacher Bauschlosserei und Kunstschmiede unter der Leitung von Bruder Arnold Giershausen begann ich am 1. April 1941 meine geplante Lehre bei Bruder Sebastian Vankann Leiter der Maschinenschlosserei.
Am 20. Januar 1942 war der Namenstag unseres Meisters Bruder Sebastian Vankann. Schon Tage vorher erzählte uns Bruno Bell, Bruder Sebastians dienstältester Lehrling, von einem für diesen Tag geplanten Besuch bei seinen Eltern in Kempenich. Bekanntlich war der Winter 1941/42 ein Extremwinter, und die ganze Woche vor dem Namenstag hatte es fast jeden Tag geschneit. Von jetzt an gab`s in der Schlosserei neben der Vorfreude nur eine Frage: “Wie will unser Meister am Dienstag mit uns nach Kempenich kommen?” Der zunächst vermutete Postbus war stark beschädigt freitags im Staßengraben gelandet und musste von Bruder Rochus mit einem Pferdegespann abgeschleppt werden. Am Montag dann ging unser Meister mit uns in die Remise, wo zu unserer Überraschung über allerlei Ackergerät am Dachgebälk ein Pferdeschlitten hing. Bruder Rochus versprach uns Lisa, eine lauffreudige Stute, und sicherte damit unsere Reise nach Kempenich. Nach einem gemeinsamen Gottesdienst und anschließendem Frühstück starteten wir unsere Schlittenfahrt bei klirrendem Frost durch eine herrliche Winterlandschaft nach Kempenich. Wir waren kaum eine halbe Stunde unterwegs, als wir trotz zusätzlicher Decke uns genötigt sahen die gedachte bequeme Schlittenfahrt abwechsend mit neben- und hinterher laufen zu unterbrechen.

Fotorast kurz vor Kempenich. Der älteste Lehrling und Pferdeversteher Paul Hupperich, der Lisa zum Blick in die Kamera auffordert, Bruder Andreas, Bruno Bell, Johannes Degen und hinter dem Schlitten Karl Hans Heuft. Alle, einschließlich Lisa, mit wärmender Decke. Photo: Bruder Sebastian.

Allen Winter-Witterungseinflüssen mit Schneeverwehungen zum Trotz saßen wir um die Mittagszeit bei der Familie Bell in Kempenich an einem für die Kriegszeit verhältnismäßig reich gedeckten Tisch.

In dem nächsten Winter 1942/43 gab es am 20. Januar wiederum eine Schlittenpartie. Diesmal nach Burgbrohl zu meinen Eltern.

Im Frühjahr 1942 kam die einige Jahre zuvor von Bruder Sebastian konstruierte und in seiner Schlosserei gebaute mobile Beregnungsanlage zur Überholung in die Werkstatt. Sie wurde in Trockenzeiten zur Beregnung von Feldern und Wiesen rund um den See eingesetzt. Der bisherige Benzolmotor sollte gegen einen wirtschaftlicheren Dieselmotor ausgetauscht werden.
Die Beregnungsanlage und der in der Schlosserei gebaute, meines Wissens zum Patent angemeldeten Mistförderer, waren den im sog. Reichsnährstand organisierten Ortsbauerführern der Umgebung eine Besichtigung und Belobigung wert. Damals eine kleine Sensation, wenn man an die Spannungen zwischen Partei und Kloster denkt – hatte doch der nächstgelegene Ortsbauernführer schon laut über eine Übernahme des klostereigenen landwirtschaftlichen Betriebs am Tage x gedacht.
Die Sensation stand uns aber noch bevor, als der mangels Benzinzuteilung stillgelegte Opel P6, eine stattliche Limosine, von ihrem bisherigen Chauffeur Johann Michels in die Werkstatt gebracht wurde. Schon sahen wir uns im Traumberuf eines Automechanikers, als Bruder Sebastian uns den Umbau zu einer Autokutsche ankündigte. Alles vom Benzintank über Kardanwelle bis zum Motor mit Kühler wurde ausgebaut und eingelagert. Anschließend kam eine Eigenkonstruktion, ähnlich der bei Kutschen üblichen Drehschemel-Lenkung, unter den vorderen Teil des Fahrgestells. Für den Kutscher gab es auf der Kühlerhaube einen zünftigen Kutschersitz. Dank eines Lüftungsschlitzes unter der Windschutzscheibe konnte die Autokutsche bei schlechtem Wetter durch den “Chauffeuer” von dem vorderen Sitz aus gefahren werden. Grundausrüstung war wie auf dem Foto die Einspännerscheere (Einspänner-Scheere). Für Fahrten als Zweispänner gab es zum Austausch eine Deichsel.

Foto: rechts Hans Wihl, links Karl Hans Heuft

Johann Ockenfeld aus der Ökonomie, der spätere Kutscher, war nach einer Testfahrt von der geräuchlosen Autokutsche begeistert. Kein Wunder, war er doch bisher nur mit eisenbereiften Rädern unterwegs.
Für mich war es auch wie ein Wunder, als ich eine Woche später den Kutscher auf seiner ersten Fahrt zum Bahnhof Niedermendig begleiten sollte. Maria Laach erwartete hohen Besuch, Bischof Franz Rudolf Bornewasser aus Trier! Wir sollten ihn unbeschadet zum Kloster bringen. Meine Anwesenheit -mit entsprechendem Werkzeug ausgerüstet – galt hauptsächlich einer möglichen Reifenpanne. Nun aber saß ich sozusagen auf Tuchfühlung bei (mit) dem hochwürdigen Herrn Bischof in unserer Autokutsche. Während er mich nach meinem Namen fragte, wo ich herkomme, was ich in Maria Laach mache und was ich einmal werden möchte, war ich in Gedanken in meinem Heimatort Burgbrohl. Ich sah mich 4 Jahre zurück als Meßdiener unseren Bischof Bornewasser durch den Ort begleitend, Mütter niederkniend ihm ihr Kind zur Segnung entgegenhaltend. Unser Pastor Hammes mit Kaplan Hansen, Gemeinderat, Kirchenvorstand, Schützenverein und das ganze Dorf, alle waren gekommen, um die Person zu ehren mit der ich nun ganz alleine in unserer Kutsche saß. 30 Minuten, gefühlte Stunden und keine Reifenpanne.

- Fortsetzung folgt –


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