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Weihnachten 2021 – Heilige Nacht

20. Dezember 2021 / Neuigkeiten

Lk 2,1-20
„Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ …“ Mit diesen Worten beginnt das Evangelium von der Geburt Jesu. Durch ein Edikt ließ der Kaiser damals die ganze bekannte Welt erfassen, die oikouméne, wie es wörtlich heißt, das gewaltige römische Reich, das Weltreich. Kaiser Augustus wollte wissen, wie mächtig er ist. Bei dem Namen Augustus horchte die Welt auf; er galt als der Retter, als Heiland (sotér). Und dann steht da auf einmal mitten im Text – und damit wird der mächtigste Mann zur Randfigur: „Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren – dasselbe Wort – er ist der Christus, der Herr.“ Und von diesem Christus-Retter wird gesagt, dass man ihn als neugeborenes Kind in einer Krippe finden kann. Der Kaiser war damals für einen Zeitraum tatsächlich ein Friedensbringer, es gab keinen Krieg im ganzen riesigen Reich – aber immer lagen doch die Waffen griffbereit und waren die Soldaten einsatzfähig. Ein Friede also, der auf der Macht des Stärkeren beruhte, letztlich auf Gewalt. Und das Kindlein in der Krippe von Betlehem – was will das ausrichten? Ein größerer Gegensatz ist nicht denkbar: der mächtige Kaiser und das kleine, winzige Kind. Zurecht hat man gesagt, nur Gott konnte den Gedanken haben, in Gestalt eines Kindes zur Welt zu kommen, so etwas ausdenken kann kein Mensch.

Warum aber kommt Gott als Kind, wehrlos, arglos, ohnmächtig, selber total auf Hilfe angewiesen? Nichts ist doch bedürftiger als ein neugeborenes Baby. Was hat Gott da im Sinn?

Gerade im Blick auf den römischen Kaiser können wir das ahnen. Gott setzt ein Gegenprogramm. Gegen die Macht, die Unterdrückung, den Zwang setzt er auf die wehrlose Liebe – als stärkste Kraft. Um uns das zu zeigen, kommt Gott als Kind. Er liefert sich damit der Menschenmacht regelrecht aus, ja – doch im Wahrsten vertraut er sich uns an. Er vertraut uns, vertraut darauf, dass da in uns etwas ist – sagen wir ruhig: etwas Göttliches, der Atem Gottes sozusagen -, aufgrund dessen der Mensch ihn versteht und auf sein Angebot eingehen wird. Dass der Mensch, dass wir zur Liebe fähig sind. Betrachten wir doch die vielen Weihnachtsbilder, unsere Krippen: Der absolute Mittelpunkt ist immer das Kind, es ist der Anziehungspunkt; ja, es will uns wirklich an sich ziehen. Ein Leuchten geht von ihm aus, ein Glanz, der sich auf die Betrachtenden überträgt, sie verwandelt, ihre Gesichter leuchten lässt – vor Freude, wie wenn sie das Glück leibhaftig schauen würden. Schauen – das ist es; man muss „schauen“, sonst versteht man nicht. Was das bedeutet, zeigt uns die Weihnachtsgeschichte: „Sie eilten hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen von den Hirten erzählt wurde. Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen. Die Hirten aber kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für alles, was sie gehört und gesehen hatten.“

„Sie eilten hin“: Man muss sich in Bewegung setzen, wenn man Gott erfahren will; man darf nicht bequem im Sessel sitzen bleiben und warten; man muss ihn suchen. Und dann die anderen Worte, die alle so Wahres ausdrücken: „sehen“ – „erzählen“ – „im Herzen erwägen und bewahren“ – „zurückkehren“ – „Gott preisen“. Sehen mit den Augen des Herzens. „Das Herz hat die Erkenntnis“, sagte die hl. Hildegard. Ja, es braucht Mut, einmal das, was wir „Vernunft“ nennen, loszulassen, auch all die Scheingründe wie: weltfremd, naiv, unterbelichtet, gutgläubig, …; den Mut, der Logik des Herzens zu vertrauen. Maria vor allem zeigt uns etwas sehr Wesentliches: im Herzen erwägen und bewahren. Das ist das, was wir Kontemplation nennen, eine oft vergessene Weise, das Leben zu sehen. Es geht darum, durch sie das Leben wahrzunehmen, ganz tief.

Zurückkehren, Gott preisen, erzählen – nur andeutungsweise (aber die Weihnachtsbotschaft enthält ein ganzes Lebensprogramm): Die Hirten kehrten von Betlehem zurück an den Ort ihres Lebens, ihrer Arbeit, aber verwandelt, neu, mit der Liebe des Kindes im Herzen. Sie preisen Gott, nicht immer wieder einmal, sondern ihr Leben ist ein Lobpreis Gottes. Und sie erzählen, sie behalten die frohe Botschaft nicht für sich, sie geben sie weiter da, wo sie leben.

Mit dem Kind in der Krippe – an jedem Weihnachtsfest – macht Gott uns ein Angebot: Willst du so leben? Nicht verschlossen und gepanzert, sondern frei; frei, dich in Liebe einzubringen da, wo du lebst, wo dein Platz ist. „Versuch es immer mit Liebe“, sagt der Starez Sossima in Dostojewskij’s „Brüder Karamasow“ zu dem jungen Aljoscha, „denn die Liebe ist die stärkste Kraft. Nimm dir vor, mit Liebe durch das Leben zu gehen!“

An jedem Weihnachtsfest werden wir wieder vor die Entscheidung gestellt: Wie soll ich leben? Soll ich leben mit dem Blick auf das Jesuskind? In diesen Kind strahlt uns Gottes Liebe an und lockt aus uns Liebe hervor. Wenn ich will, dann gibt Gott mir etwas von seiner Liebe in mein Herz – gleich bei der Kommunion, da er sich mit mir, mit uns vereinigen will in Liebe.

Mit Sicherheit, denn auch die Liebe ist realistisch, bin ich von da an immer nur ein guter Mensch und Christ. Wer fällt nicht in alte Verhaltensmuster zurück? Aber es ist ein Anfang gemacht, zu dem ich immer wieder zurückkehren kann: Ich will es wieder mit Liebe versuchen.


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