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Zum Fest des heiligen Benedikt - Patron Europas 11.7.2021

12. Juli 2021 / Neuigkeiten

Papst Pius XII. nannte den hl. Benedikt „Vater Europas“ und Papst Paul VI. erklärte ihn 1964 zum „Schutzpatron Europas“. Papst Johannes Paul II. stellte ihm dann weitere Europa-Patroninnen und Europa-Patrone zur Seite, um auf die christlichen Wurzeln unseres europäischen Kontinents hinzuweisen und zu zeigen, dass Europa nur im Wissen um seine Herkunft eine Zukunft hat. Die Aktualität des hl. Benedikt ist ungebrochen, sie beruht auf seinem einzigen schriftlichen Vermächtnis, der Mönchsregel, die er im 6. Jh. auf dem Monte Cassino niederschrieb. Von hier aus trat sie dann einen Siegeszug in die Welt an; über England und die angelsächsischen Missionare kam sie auch zu uns. Dass sie zu der Klosterregel wurde, hat auch rein politische und kulturelle Gründe und zeigt einmal mehr, wie Gott auf krummen Zeilen gerade schreiben kann. Die Benediktusregel hat durch die Klöster, in denen sie gelebt wurde, Europa maßgeblich mitgeprägt und ihm das Gesicht verliehen, das es bis heute hat. Ihr Erfolg beruht darauf, dass sie gar nicht prätentiös ist Benedikt nennt sie selber „eine Regel für den Anfang“ (73,8), weil sie helfen soll, entschieden christlich zu leben. Sie erwuchs ganz einfach aus der Liebe zum Evangelium und will nichts weiter, als jedem und jeder zu helfen, „dem Evangelium zu folgen“ (Vw. 21). Dazu gibt sie Anregungen, Inspirationen, und auf diese wollen wir achten. Ich greife drei heraus, die mir für uns heute besonders wichtig und passend zu sein scheinen.

Die erste ist der Name GOTT. Dem hl. Benedikt geht es um Gott (und darum in eminenter Weise auch um den Menschen!). Das bekannte Leitmotiv jedes benediktinischen Klosters „Dem Gottesdienst nichts vorziehen“ ist so zu verstehen: Nur, wenn der Mensch Gott dient – ihm auf den Knien dient – wird er – durch den Dienst vor Gott – auch im Vollsinn Mensch. Er wächst dann sozusagen über sich selbst hinaus und sein Herz wird weit, wie es da heißt (Vw. 49), ein wunderschönes Bildwort, das auf das Herz Gottes selbst verweisen mag. ER hat ja ein Herz für uns alle. Benedikt ging es von Anfang an, als er die ersten Klöster gründete, darum, dass man in ihnen „dem lebendigen Gott dient“ (Vita). Warum ist das für den hl. Benedikt so wichtig, so unverzichtbar? Weil der Mensch von Gott stammt, aber immer die Tendenz hat, sich von Gott zu entfernen und losgelöst – scheinbar autonom – von ihm zu leben (Vw. 2). Aber weil er aus den Schöpferhänden Gottes hervorgegangen ist, kann er nur dann gut leben, wenn er mit Gott verbunden lebt. „Leben an der Hand des Herrn“, nennt die hl. Edith Stein das. Benedikt nennt es die Gottsuche (58,7). Wenn der Mensch seinen Herrn und Schöpfer nicht sucht und nicht nach ihm fragt, ihn dagegen außen vor lässt, dann wird er krank, und zwar in seiner Seele. Dieses Problem haben wir heute: Unsere Welt ist krank; wir leben mehr gegeneinander als miteinander – in Abgrenzung, in Besitzsicherung, in Gleichgültigkeit, un-menschlich also; wir bauen Mauern statt Brücken. Wir hier im Westen leben so, als hätten wir ein Recht darauf, dass es uns gut geht, während die meisten Menschen auf der Welt Not leiden. Darum finden wir auch nicht den Weg in eine menschenwürdige gemeinsame Zukunft für alle. Jeder, jedes Land quält sich mehr oder weniger ab mit sich selbst. Auch die Kirche quält sich ab mit sich selbst, das ist ihr schwerstes Versagen, weil es ihre Berufung ist, den Menschen Gott zu zeigen, den Gott, der die Liebe zu allen ist. Dasselbe gilt für unsere Klöster, die nach Benedikts Wunsch Orte lebendigen Glaubens sein sollen, Auskunftstellen für die Menschen mit ihren Fragen und Nöten, Sorgen und Wünschen.

Betrachten wir nach dieser Kurzanalyse ein zentrales Wort des hl. Benedikt: „Alle Menschen ehren“ (4,8). Vielleicht sollte man so formulieren: Jeden Menschen ehren, weil es nur dann konkret wird. „Alle“ könnte ja bedeuten: die Gesamtheit und doch wieder keinen richtig. Liebe, Achtung, Anerkennung müssen immer konkret werden. Für uns Christen stammt jeder Mensch von Gott, und darum, aus keinem anderen Grund, gebührt ihm Ehrfurcht und Liebe. Alle aber sind wir Kinder des einen himmlischen Vaters, untereinander also Geschwister und gehören untrennbar zusammen – als Menschheitsfamilie. Zukunft gibt es darum für uns nur gemeinsam, nicht ausschließend, sondern einschließend. Das mahnt die gegenwärtige Pandemie an: Nur, wenn wir bereit sind anders zu leben, gibt es Zukunft. Das ist der europäische Gedanke angewendet auf die ganze Welt: im „Haus Europa“ an der „einen Welt“ mitbauen. Mit den Worten von Papst Franziskus: „Die Pandemie hat uns daran erinnert, dass niemand alleine gerettet wird“ (Wage zu träumen, 137). Leicht ist diese gemeinsame Arbeit ganz sicher nicht, es ist eine Herkulesarbeit. Denken wir nur daran, dass wir im Zeitalter der Migration leben. Welche Herausforderung ist das: miteinander das eine Volk Gottes zu werden – in der Verschiedenheit der Nationen, der Rassen, ja auch der Religionen. Gott ist doch immer größer und weiter als all die Grenzen, die wir Menschen ziehen; und der hl. Benedikt will, dass wir von ihm die „Weite des Herzens“ (Vw. 49) lernen.

Noch ein letzter Gedanke, ein besonders wertvoller, meine ich, der Vita des hl. Benedikt entnommen (Dial. II,17). Eines Tages, so wird da erzählt, trifft ihn ein Freund, der ihn besuchen will, in Tränen aufgelöst an. Auf die Frage, was denn geschehen sei, dass er so weine, antwortet Benedikt, Gott habe ihn wissen lassen, dass alles, was er in Montecassino aufgebaut habe, der Zerstörung und dem Untergang geweiht sei, nur das Leben der Brüder werde unangetastet bleiben. Eine Episode? Die Erzählung kommt darauf dann nicht mehr zurück. Fakt ist, dass das Kloster Montecassino später tatsächlich zerstört, in Schutt und Asche gelegt wurde, und nicht nur einmal (denken wir an das Ende des 2. Weltkriegs). Wohl aber wird erzählt, wie Benedikt weiter baut und hingebungsvoll gestaltet (wie später Martin Luther, den man fragte, was er heute tun würde, wenn er wüsste, dass morgen die Welt unterginge: „Ich würde ein Apfelbäumchen pflanzen!“). Der Zerstörung, der Selbstzerstörung das Gestalten entgegenstellen: in der Politik, in der Wirtschaft, im ganz persönlichen Lebensbereich. Da wo ich bin, soll das Leben anders werden: menschlich, froh, gelöst, im lebendigen Du und Wir. Daran entscheidet sich die Qualität unseres Glaubens, der weiß, dass Gott immer der Gott des Lebens ist. Die Bauten werden zwar zerstört, erfährt Benedikt, aber die Menschen dürfen leben. Das Erste und Wichtigste ist nicht das Äußere, so schön es sein mag; das Erste ist für Gott der Mensch. Und wir sind nicht dazu da, Traditionen zu pflegen und Museen zu unterhalten, sondern eine Welt zu kultivieren, in der die Menschen würdig leben können, also mitzubauen an der Zukunft Gottes, an seinem Reich für uns alle.

Abt em. Benedikt Müntnich


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