Laacher Messbuch

26. Sonntag im Jahreskreis

1. Oktober 2023

Alles, was du uns getan hast, o Herr,
das hast du nach deiner gerechten Entscheidung getan,
denn wir haben gesündigt,
wir haben dein Gesetz übertreten.
Verherrliche deinen Namen und rette uns
nach der Fülle deines Erbarmens.
Vgl. Dan 3,31.29.30.43.42

»Ein Mensch ist ernstlich zu beklagen, der nie die Kraft hat, nein zu sagen, […] Nur, dass er Aufschub noch erreicht, sagt er, er wolle sehn, vielleicht …« Mit diesen Worten beginnt das Gedicht über den Unentschlossenen von Eugen Roth (1895–1976), der damit einen wunden Punkt im Menschen berührt; fällt es doch bisweilen schwer, dieses Wort »nein« über die Lippen zu bringen, obwohl es ehrlicher Ausdruck dessen wäre, was im Innersten empfunden wird. Und wenn auch kein klares »ja« möglich ist, dann bleibt es lieber erst einmal bei jenem »vielleicht« – verbunden mit der Hoffnung, dass sich die Angelegenheit von selbst klären wird. Und umgekehrt gibt es aber auch den Menschen, der unentschlossen bei seinem »nein« bleibt und sich dennoch etwas abbitten lässt. Von beiden wird dann gesagt, dass sie inkonsequent seien.
Diese Erfahrung kommt in den Sinn bei der Betrachtung des Evangeliums. Beispielhaft stehen uns da die beiden Söhne des Weinbergbesitzers vor Augen. Der erste spricht ein »ja« und bekommt dennoch seinen Hintern nicht hoch; der zweite sagt zuerst »nein«, später aber macht er sich doch noch auf und kommt seinem Auftrag nach. Inkonsequent scheinen beide zu sein, und doch kann der zweite Sohn am Ende ein dickes Lob von den Hohenpriestern und den Ältesten für sich einheimsen, denen Jesus dieses Gleichnis erzählt: hat dieser doch den Willen seines Vaters erfüllt, wenn auch erst im zweiten Anlauf.


Kyrie-Rufe


Herr Jesus, Kyrios Christus. Lenke unseren Willen nach dem deinen. Kyrie eleison.
Herr Jesus, Kyrios Christus. Stärke unseren Willen für den deinen. Christe eleison.
Herr Jesus, Kyrios Christus. Vollende unseren Willen in dem deinen. Kyrie eleison.

Gloria



Tagesgebet


Großer Gott, du offenbarst deine Macht vor allem im Erbarmen und im Verschonen. Darum nimm uns in Gnaden auf, wenn uns auch Schuld belastet. Gib, dass wir unseren Lauf vollenden und zur Herrlichkeit des Himmels gelangen. Darum bitten wir durch Jesus Christus.

Erste Lesung

Ez 18,25–28
Lesung aus dem Buch Ezéchiel.
So spricht der Herr: Ihr sagt: Der Weg des Herrn ist nicht richtig. Hört doch, ihr vom Haus Israel: Mein Weg soll nicht richtig sein? Sind es nicht eure Wege, die nicht richtig sind?
Wenn ein Gerechter sich abkehrt von seiner Gerechtigkeit und Unrecht tut, muss er dafür sterben. Wegen des Unrechts, das er getan hat, wird er sterben. Wenn ein Schuldiger von dem Unrecht umkehrt, das er begangen hat, und nach Recht und Gerechtigkeit handelt, wird er sein Leben bewahren. Wenn er alle seine Vergehen, die er verübt hat, einsieht und umkehrt, wird er bestimmt am Leben bleiben. Er wird nicht sterben. |F
Wort des lebendigen Gottes.

- Wenn wir das Wort »Reue« hören, dann denken wir sofort an Umkehr und Buße tun. Aber dieses Wort meint mehr: es geht um die grundlegende Drehung des Willens, um eine Veränderung der persönlichen Grundausrichtung. Es ist die Antwort des Menschen auf die Einladung Gottes, in seine Nachfolge zu treten, sich von ihm berühren und verändern zu lassen.
Auf diese Bewegung verweist der Prophet Ezechiel in der Lesung ebenso, wie der Evangelist Matthäus im folgenden Evangelium. Ezechiel spricht von der bewussten und erneuerten Hinwendung zum Leben im Wissen um seine Geschöpflichkeit. Es ist die Abkehr von allem Unrecht, damit die Liebe in ihm nicht erstirbt und er den Weg Gottes geht, zu dem ein jeder Mensch gerufen ist. Bei Matthäus wird zweimal von der Reue die Rede sein, die es dem zweiten Sohn ermöglicht, nicht bei einem »Nein« stehenzubleiben, sondern es in freier Liebe zu überwinden. Die Lesung bietet hierfür die Grundlage, die auch in uns die Bereitschaft zur Veränderung wecken kann.


Antwortpsalm

Ps 25 (24),4–5.6–7.8–9 (Kv: 6ab)
Kv Gedenke deines Erbarmens, o HERR,
und der Taten deiner Gnade! – Kv

Zeige mir, HERR, deine Wege, *
lehre mich deine Pfade!
Führe mich in deiner Treue und lehre mich; /
denn du bist der Gott meines Heiles. *
Auf dich hoffe ich den ganzen Tag. – (Kv)

Gedenke deines Erbarmens, HERR, /
und der Taten deiner Gnade; *
denn sie bestehen seit Ewigkeit!
Gedenke nicht meiner Jugendsünden und meiner Frevel! *
Nach deiner Huld gedenke meiner, HERR, denn du bist
gütig! – (Kv)

Der HERR ist gut und redlich, *
darum weist er Sünder auf den rechten Weg.
Die Armen leitet er nach seinem Recht, *
die Armen lehrt er seinen Weg. – Kv

Zweite Lesung

Phil 2,1–11 (Kf 2,1–5)
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Philíppi.
Schwestern und Brüder! Wenn es eine Ermahnung in Christus gibt, einen Zuspruch aus Liebe, eine Gemeinschaft des Geistes, ein Erbarmen und Mitgefühl, dann macht meine Freude vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, einander in Liebe verbunden, einmütig, einträchtig, dass ihr nichts aus
Streitsucht und nichts aus Prahlerei tut. Sondern in Demut schätze einer den andern höher ein als sich selbst. Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen.
Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht: <
Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.
Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: Jesus Christus ist der Herr zur Ehre Gottes, des Vaters. |F
Wort des lebendigen Gottes.

- Am Kreuz hat Christus selbst alle menschliche Schuld auf sich geladen, sie getragen und erlöst. Er selbst ist eingegangen in die ganze Finsternis des Bösen, um ebenso die Nacht der Sünde aufzulichten, die Macht des Bösen zu besiegen und die Bande des Todes aufzusprengen. Diese Wahrheit macht uns frei: sie vergibt dem, der umkehrt und glaubt. Deshalb singen wir: »Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung«.
Das Leben steht freilich im Schatten des Kreuzes. Das Kreuz erst enthüllt uns die ganze Wahrheit des Lebens: unser Leben ist endliches, begrenztes und gebrochenes Leben. Es ist ein Leben, das schuldig werden kann und immer neu der Barmherzigkeit und Erlösung bedarf. Aber es ist schließlich auch Leben aus der Hoffnung auf das ewige Leben, wie uns der Apostel Paulus kündet. Aus dieser Hoffnung heraus wächst die Gesinnung, jene Haltung gegenüber Schuld und Versöhnung, an der die Christen sich untereinander und auch nach außen hin zu erkennen geben sollen.


Ruf vor dem Evangelium

Vers: Joh 10,27
Halleluja. Halleluja.
(So spricht der Herr:)
Meine Schafe hören auf meine Stimme;
ich kenne sie und sie folgen mir.
Halleluja.

Evangelium

Mt 21,28–32
+ Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.
In jener Zeit sprach Jesus zu den Hohepriestern und den Ältesten des Volkes:
Was meint ihr? Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zum ersten und sagte: Mein Kind, geh und arbeite heute im Weinberg! Er antwortete: Ich will nicht. Später aber reute es ihn und er ging hinaus.
Da wandte er sich an den zweiten und sagte zu ihm dasselbe. Dieser antwortete: Ja, Herr – und ging nicht hin.
Wer von den beiden hat den Willen seines Vaters erfüllt? Sie antworteten: Der erste.
Da sagte Jesus zu ihnen: Amen, ich sage euch: Die Zöllner und die Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr.
Denn Johannes ist zu euch gekommen auf dem Weg der Gerechtigkeit und ihr habt ihm nicht geglaubt; aber die Zöllner und die Dirnen haben ihm geglaubt. Ihr habt es gesehen und doch habt ihr nicht bereut und ihm nicht geglaubt. |F
Evangelium unseres Herrn Jesus Christus.

- Es ist wieder einmal eine Gleichnisrede, die Jesus verwendet, um seine Zuhörer zu einem wesentlichen Punkt seiner göttlichen Sendung führen zu können. Und diesmal sind die äußeren Umstände, in denen das Gleichnis von den »ungleichen Söhnen« erzählt wird, wirklich dramatisch. Jesus ist bereits unter dem Jubel der Jerusalemer Bevölkerung in die Stadt Davids eingezogen – diese Szene spielt also zwischen Palmsonntag und Karfreitag. Tags zuvor hat er die Händler aus dem Tempel rausgeworfen und dort in den heiligen Hallen die Lahmen und Blinden geheilt. Weil Jesus mit göttlicher Autorität im Tempel aufgetreten ist, muss er sich jetzt vor den höchsten Autoritäten des Tempels dafür rechtfertigen: »Mit welchen Recht tust du das alles? Wer hat dir dazu die Vollmacht gegeben?« (Mt 21,23) – diese beiden Fragen gehen dem Gleichnis unmittelbar voraus.
In diesem Moment offenbart sich nun Jesus als das ›Ja Gottes‹ in dieser Welt. Von hier hat Jesus seine göttliche Vollmacht und Sendung. Der Apostel Paulus bringt es so auf den Punkt: »Das Ja ist in ihm (Christus) verwirklicht. Er ist das Ja zu allem, was Gott verheißen hat« (vgl. 2 Kor 1,18–22). Und doch sagt Gott nicht zu allem einfach »Ja und Amen«. Er sagt auch Nein, denn es gibt auch das anklagende und richtende Wort Gottes. Jesus hat es ja in seiner Leidenschaft gezeigt, als er die Tische der Händler umstieß und ihnen sagte: »Nein, so nicht!«.
An Jesus scheiden sich die Geister und Jesus fordert seine Jünger heraus, nicht nur Bewunderer zu sein, sondern entschiedene Nachfolger. Dazu will er einen Anstoß geben, wenn er im Gleichnis die innere Kehrtwende des zweiten Sohnes von einer spontanen Verweigerung hin zur persönlichen Zustimmung und zum Aufbruch beschreibt.
Das Gleichnis knüpft dabei an, was schon in der Bergpredigt angeklungen ist und den Vorrang des Tuns vor dem bloßen Reden betont: »Nicht jeder, der zu mir sagt »Herr, Herr« wird in das Himmelreich kommen, sondern der, der den Willen meines Vaters im Himmel tut« (vgl. Mt 7,21). Nicht äußere Leistung zählt, sondern innere Überwindung der Hindernisse, die mich von der Lebenszusage Gottes fernhalten wollen, die dann als ihre Konsequenz die Hinwendung zum neuen Lebensraum in Jesus Christus ermöglicht.
Der ›Jasager‹ aus dem heutigen Evangelium kann für uns also ein Stachel im Gewissen sein, wenn auch wir zwar äußerlich unser ›Ja‹ sprechen, innerlich aber ›Nein‹ meinen und unser gesprochenes ›Ja‹ nicht leben. Oder wir sagen das Richtige, widersprechen aber in unserem Leben dem, was wir mit unseren Worten zu sein vorgeben. In der Theologie sagt man dann, dass die Orthodoxie (der rechte Glaube) nicht mit der Orthopraxie (das rechte Tun) übereinstimmt. Jesus wirft genau das den Pharisäern und Schriftgelehrten vor: die wissen zwar alles besser, haben aber nichts in die Tat umgesetzt. Genau diese Diskrepanz macht unglaubwürdig. Nicht anders geht es auch heute vielen Christen und der ganzen Kirche.


Credo



Fürbitten


Im Gebet wenden wir uns in den Anliegen von Kirche und Welt an den barmherzigen Gott:
V: Barmherziger Gott. A: Wir bitten dich, erhöre uns.
– Wir beten im Anliegen des weltweiten synodalen Prozesses: um gute Beratungen unter der Führung des Heiligen Geistes, damit die Kirche gute Antworten findet auf die Herausforderungen dieser Zeit.
– Für alle Mitarbeiter der Kirche in unseren Bistümern und Gemeinden: um Glaubwürdigkeit und Barmherzigkeit.
– Für alle, die sich von dir abgewandt haben, und für alle, die an anderen schuldig geworden sind: um die Gnade eines Neu anfangs.
– Für alle, die unter Hass, Feindschaft und Streit zu leiden haben: um Versöhnung und Frieden.
– Für die Eltern, Lehrer und Erzieher, die junge Menschen auf dem Weg ins Leben begleiten: um die Gaben des Heiligen Geistes.
– Für alle, die im öffentlichen Leben Verantwortung tragen: um Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit.
– Für unsere Verstorbenen: um die Erfüllung ihrer Hoffnung auf das ewige Leben.
Barmherziger Gott, du kennst unsere Anliegen, Sorgen und Nöte und kommst uns mit deiner Gnade und Barmherzigkeit entgegen. Dafür sind wir dir dankbar und loben und preisen dich jetzt und in Ewigkeit. Amen.

Gabengebet


Barmherziger Gott, nimm unsere Gaben an und öffne uns in dieser Feier die Quelle, aus der aller Segen strömt. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.

Präfation

Sonntage III
In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, allmächtiger Vater, zu danken und das Werk deiner Gnade zu rühmen durch unseren Herrn Jesus Christus. Denn aus Erbarmen mit uns sündigen Menschen ist er Mensch geworden aus Maria, der Jungfrau. Durch sein Leiden am Kreuz hat er uns vom ewigen Tod befreit und durch seine Auferstehung uns das unvergängliche Leben erworben.
Darum preisen dich deine Erlösten und singen mit den Chören der Engel das Lob deiner Herrlichkeit.

Einladung zum Vaterunser


Jesus ist das Jawort Gottes zu uns und zur Welt. Im Vertrauen auf seinen guten Geist, der uns in allen Entscheidungen begleitet, beten wir gemeinsam: Vater unser im Himmel …

Einladung zum Friedensgebet


Die innere Erneuerung und Ausrichtung auf Gottes Willen schenkt uns im Kleinen wie im Großen den Frieden, den wir für unser Miteinander brauchen. So bitten wir den Friedensfürsten Christus: Herr Jesus Christus …

Kommunionvers

Vgl. 1 Joh 3,16
Die Liebe Gottes haben wir daran erkannt, dass Christus sein Leben für uns gegeben hat. So müssen auch wir das Leben hingeben für die Brüder.
Oder: Ps 119,49–50
Herr, denk an das Wort für deinen Knecht, durch das du mir Hoffnung gabst! Sie ist mein Trost im Elend.

Schlussgebet


Allmächtiger Gott, in der Feier der Eucharistie haben wir den Tod des Herrn verkündet. Dieses Sakrament stärke uns an Leib und Seele und mache uns bereit, mit Christus zu leiden, damit wir auch mit ihm zur Herrlichkeit gelangen, der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.

Schlusssegen

Im Jahreskreis II
Der Friede Gottes, der alles Begreifen übersteigt, bewahre eure Herzen und eure Gedanken in der Gemeinschaft mit Christus Jesus.
Das gewähre euch der dreieinige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.
Oder: Wettersegen
Gott, der allmächtige Vater, segne euch und schenke euch gedeihliches Wetter; er halte Blitz, Hagel und jedes Unheil von euch fern.
Er segne die Felder, die Gärten und den Wald und schenke euch die Früchte der Erde.
Er begleite eure Arbeit, damit ihr in Dankbarkeit und Freude gebrauchet, was durch die Kräfte der Natur und die Mühe des Menschen gewachsen ist.
Das gewähre euch der dreieinige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.

***

Das, was wir mit dem Glauben versprechen, ist nicht immer gedeckt von dem, was wir leben. Mahatma Gandhi soll einmal gesagt haben, dass er von der Botschaft der Bergpredigt her eigentlich hätte Christ werden müssen; als er jedoch die Christen sah, kam er wieder davon ab. Das Gleichnis des Evangeliums heute ist also die Einladung, die vielen ›Neins‹ in uns überwinden zu können, um das ›Ja‹ zu unserer Berufung und zum Reich Gottes zu sprechen. Ebenso sollen auch wir unser Tun und Reden überdenken, ob beides für andere eine Einladung zum Christsein und zur Kirche sein kann. Dort, wo wir hingestellt sind, sollen wir ja schließlich dem Reich Gottes zum Durchbruch verhelfen und es im Heute sichtbar machen. Haben wir den Mut zu mehr Entschlossenheit in unserem Leben als Christen.

Sascha Jung

Maria Laach ist ein ausgezeichneter Arbeitgeber!